Wirtshäuser
Das Gasthaus Magoschitz
Dort, wo jetzt der größte Spargelverkauf in Mannsdorf ist, befand sich bis zum Jahr 1974 das Gasthaus Magoschitz, ein besonders von der bäuerlichen Bevölkerung hoch geschätzter Ort für gesellige Zusammenkünfte. Es wäre undenkbar gewesen, am Sonntag die Messe zu besuchen und nachher nicht beim Magoschitz einzukehren! Der erste Tisch gehörte den Tarockierern und auch geschnapst wurde zur Genüge. Die Wirtin wusste schon genau, was sie wem servieren durfte.
Bis zum Jahr 1938 gehörte dieses Gasthaus mit der Hausnummer 70 der Gemeinde Mannsdorf, die es, genauso wie das Gasthaus „Zum lustigen Fischer“ mit der Hausnummer 33, weiterverpachtete. Über Jahrzehnte hinweg kamen die Pächter aus der Familie Straub.
1939, das Gasthaus war inzwischen in den Besitz der Gemeinde Wien gelangt, stellte Johann Magoschitz, ein Verwandter der Familie Straub, einen Kaufantrag. Im Jahr 1942 einigte man sich schließlich auf einen Tausch: Johann und Marie Magoschitz erhielten von der Gemeinde Wien das Gasthaus mit der Hausnummer 70, das sie ohnehin bereits gepachtet hatten und überließen dieser im Gegenzug das neu gebaute Haus mit der Nummer 41, das neben dem Elternhaus von Johann Magoschitz gelegen war. Das war das spätere Halterhaus, das heute noch existiert.
Im Kaufansuchen des Herrn Magoschitz ist zu lesen, dass das Gasthaus um die 150 Jahre alt wäre. Es ist also von einer Bauzeit Ende des 18. Jahrhunderts auszugehen.
Der jetzige Besitzer weiß zu berichten, dass die gesamte Liegenschaft eine kaiserliche Widmung gewesen sei, auch das angrenzende Haus der Familie Kolbe, das als Forsthaus genutzt wurde, und die Kirche.
Die Außenmauern des Hauses bestanden aus Ziegeln, die mit dem Doppeladler versehen waren, die Innenmauern aus Kotziegeln. Der Keller, der zu Gasthauszeiten als Weinkeller verwendet wurde, war so massiv gebaut, dass man ihn beim Neubau des Hauses belassen konnte. Während der Monarchie rastete der Tross der kaiserlichen Familie hier auf der Fahrt ins Schloss Eckartsau. Die Pferde wurden getränkt und untergestellt und die Adeligen genossen das frischgebackene Brot, das die Nachbarin, Frau Fuchs, eigens backen musste.
Gegenüber des Gasthauses befand sich die Kegelbahn, eine Einrichtung, ohne die ein Gasthaus in früheren Zeiten undenkbar gewesen wäre. Sie wurde in den Fünfzigerjahren abgeräumt. Ebenfalls von der Familie Magoschitz betrieben wurde die Brückenwaage, und zwar von 1955 bis 1995.
Wenn es in Mannsdorf eine Versammlung gab, wurde sie abwechselnd in einem der beiden Wirtshäuser abgehalten, genauso war es beim Kirtag. Der fand immer im Hof statt, der mit einer Plane wetterfest gemacht wurde. Es gab sogar ein Ringelspiel und eine Schießbude.
Der Wein wurde in Fässern aus Mannersdorf vom Weinbauern Staringer gebracht, das Bier ebenfalls in Fässern vom Bierführer. Die Hausmarke war Liesinger Bier. Der Wein wurde im Keller gelagert, gleich unter der Schank, das Bier im Kühlraum. Das Gulasch, für das Frau Magoschitz berühmt war, wurde meist einmal wöchentlich gekocht. Das Fleisch dafür und die Würstel bezog man bei der Fleischerei Erdelbauer.
Besonders beliebt war das Gasthaus bei den Jägern. Bei den großen Treibjagden wurde das Essen vom Wirt nachgebracht und die ersten vier Hasen, die geschossen wurden, bereitete die Wirtin schon während der Jagd zu, damit dann der große Hasenschmaus stattfinden konnte. Als Beilage musste sie bis zu 100 Knödel kochen.
Ein sehr guter Gast war auch der allseits bekannte Baron Thavonat, der seine Anwesenheit gerecht auf beide Gasthäuser aufteilte. Es war gang und gäbe, dass er für seine Familie und auch für Gäste Mahlzeiten holte. Besonders sein fünfzigster Geburtstag war ein großes Fest, das für Frau Magoschitz viel Arbeit bedeutete. Aber angeblich hat er seine Rechnungen immer pünktlich bezahlt.
Im Jahr 1974 wurde das Gasthaus geschlossen.
Das Gasthaus Paulesits
- 1910 – 1921 Zeitlberger Johann – Eigentümer
- 1921 – 1950 Erdelbauer – Pächter
- 1950 – 1955 Prinzjakowitsch… – Pächter
- 1955 – 1993 Juranitsch – Eigentümer
- Ab 1995 – Paulesits – Pächter
Einer der wichtigsten „Orte der Begegnung“ in einem so kleinen Dorf ist zweifellos das Gasthaus. In Mannsdorf gab es sogar deren zwei, das Gasthaus im Oberort mit der Nr. 70 (Pächter über Jahrzehnte die Familie Straub und später Maggoschitz) und das Gasthaus „Zum lustigen Fischer“ mit der Nr. 33, das jetzige Gasthaus Paulesits, im Unterort. Beides waren Gemeindegasthäuser und ihre Tradition geht sehr lange zurück. Es gibt im Gemeindearchiv eine Gemeinderechnung aus dem Jahr 1762, in der der „würth“ Franz Mayer aufscheint.
Johann Zeitlberger kaufte das Gasthaus „Zum lustigen Fischer“ von der Gemeinde im Jahr 1910 und ließ das charakteristische Dach machen, von dem die Mannsdorfer behaupteten, es sähe aus wie der große Hut des Besitzers. Der spätere Inhaber Franz Erdelbauer war gleichzeitig Fleischermeister und hatte eine Schlagbrücke im Hof des Gasthauses. Zu dieser Zeit befand sich hier das Zentrum für Viehhandel und eine Großverteilerei für Fleisch, auch der 22. Bezirk Wiens wurde versorgt. Während des Krieges war man verpflichtet, bei jeder Hausschlachtung 5 kg Speck an die Fleischerei Erdelbauer abzuführen.
In den Fünfzigerjahren wurde eine neue Gepflogenheit eingeführt: die sogenannte „Elferkonferenz“. Jeden Tag um 11 Uhr vormittags, nach der Sirenenprobe, fand sich eine Männerrunde zum Schnapsen im Wirtshaus ein. Einmal wöchentlich gab es einen „Generaltag“, der bis in die Nachtstunden dauerte. Die Mitglieder dieser Elferkonferenz waren allesamt Mannsdorfer Originale, und zwar Alois Zeitlberger, Josef Mantler, Josef Salzmann, Norbert Unger und Josef Sulzmann. Manchmal beehrte auch der Baron von Thavonat die Mannsdorfer mit seiner Anwesenheit. Diese Wirtshausabende waren berühmt-berüchtigt, weil sie sehr lange dauerten und ziemlich ins Geld gingen.
Johann Juranitsch errichtete im Jahr 1964 gemeinsam mit Franz Riedmüller eine neue Kegelbahn, die bald zum Treffpunkt der Jugend des gesamten Marchfeldes wurde. Früher befand sich die alte Kegelbahn aus Holz neben der Küche. Der Verlierer beim Kegeln, der sogenannte „Bummerl“ musste für alle die Zeche zahlen. Überhaupt war die Bautätigkeit unter dem „Hansl-Wirt“ eine sehr rege, wenn auch nicht immer behördlich ganz korrekte. Aus dem ehemaligen Schweinestall entstanden die sanitären Anlagen und ein Extrazimmer, außerdem wurde ein Saal für Tanzunterhaltungen und größere Veranstaltungen mit den Maßen 20 x 19,6 m gebaut. Nun hatte man zwar beim Feuerwehrball Platz genug zum Tanzen, aber auch die Gemütlichkeit, die vorher durch die räumliche Enge automatisch entstand, hatte viel für sich. Sehr oft wurden nun auch Hochzeitstafeln ausgerichtet, zum einen, weil der Platz für eine große Gesellschaft ausreichend war, zum anderen, weil die Küche von Frau Rosa Juranitsch vorzüglich und weithin bekannt war. Es war allgemein üblich, dass die Dorfleute vor der Hochzeit zum „Tafel anschauen“ ins Gasthaus gingen (vor allem natürlich die Frauen, die neugierig waren, ob und wie viele Sorten „Krapferln“ es gäbe und wer aller eingeladen war und wo er seinen Sitzplatz hatte). Natürlich wäre es aber keiner Schaulustigen eingefallen, sich auf einen Kaffee oder ein Getränk ins Gastzimmer zu setzen, das war beinahe ausnahmslos den Männern vorbehalten. Ein Nachtrag zu den Kochkünsten der Frau Juranitsch: ihre Grillwürstel waren legendär !
Eine absolute Novität war auch der erste Fernsehapparat im Dorf, der im Extrazimmer aufgestellt war. Ganz Mannsdorf war von dieser Sensation begeistert und es gehörte zu den beliebtesten Zerstreuungen, sich bei einem Getränk oder einem 1-S-„Bensdorp“ die Nachrichten aus der großen weiten Welt anzusehen. Auch die 5-Uhr-Tees, die regelmäßig an den Sonntagabenden abgehalten wurden, kannte man rundherum. So manches junge Paar knüpfte die ersten Beziehungen in Mannsdorf bei Wurlitzer-Musik!
Herr Juranitsch hat berichtet, dass der Kaufpreis für das Gasthaus, den seine Eltern an den Vorbesitzer entrichten mussten, 4 Joch Äcker und eine Summe Bargeld war. Der letzte Umbau, der durchgeführt wurde, war der der Kegelbahn in Fremdenzimmer. Nachdem immer öfter Reparaturarbeiten an einer der beiden Bahnen angefallen waren, entschloss sich Johann Juranitsch, die touristische Nachfrage zu befriedigen. Nachdem sich der Hansl-Wirt in den Ruhestand begeben hatte, war das Gasthaus für 2 Jahre nicht in Betrieb, weil sich kein geeigneter Pächter fand. Erst mit Gertrude und später dann Walter Paulesits kamen wieder richtige Wirtsleute aus der Nachbargemeinde Orth nach Mannsdorf.
Für das Dorfleben und die Gemeinschaft ist ein gutes Gasthaus etwas sehr Wichtiges und wir sind froh, dass wir eines haben!