Fischerei
Der Fischfang gehört neben der Jagd zu den ältesten Wirtschaftsformen der Menschheit und bildete die Ernährungsgrundlage für die Menschen, die an Wasserläufen und Binnengewässern lebten.
Das Fischrecht in der Donau und den Ausständen war immer dem Adel vorbehalten. So hatten es früher das K. u. K. Forstamt Mühlleiten und später die Österreichischen Bundesforste inne. Diese machten später mit den Berufsfischern langjährige Verträge zum Abfischen der Gewässer. Die Fischer benötigten für ihre Arbeit eine große Zille, ca. 8 bis 9 Meter lang, mit einer hohen Bordwand. Darin mussten fünf Mann und die Netze Platz haben. Vorne im „Kranzl“ saßen links und rechts die zwei Ruderer (Antaucher). In der Mitte lagen die Netze jeweils beim „Unterori“ (Leine mit Blei) und „Oberori“ (Leine mit Korken) ein Mann war der Aussetzer. In der Stur saß der Nachfahrer mit dem „Kukerl“ (kleines Handruder). Der sechste Mann blieb am Ufer, „Loaperer“ genannt. Er musste trachten, dass beim Aussetzen das Netzende (Kelchstein) nicht hineingezogen wurde und immer Verbindung mit dem Ufer hatte. Wenn der erste Wurf ausgeführt und eingezogen worden war, war es ein alter Fischerbrauch, dem ersten Fisch für die „armen Seelen“ wieder die Freiheit zu geben und ihn ins Wasser zurückzuwerfen.
Bei der Donauregulierung 1880 – 1900 wurde die Donau zu einer schiffbaren Wasserstraße ausgebaut. Gleichzeitig wurde auch der Schutzdamm (Hubertusdamm) errichtet, um das Marchfeld vor Hochwasser zu schützen. In der Vorzeit hatte sich die Donau nach dem Durchströmen der Kahlenberger- und Bisamberger Pforte und dem Einfließen in die Ebene (Marchfeld) in drei Arme (Gerinne) geteilt. An den Ufern und zwischen diesen Armen entstand das Augebiet. In unserem Gebiet waren zwei Arme auf Mannsdorfer und ein Arm auf Fischamender Gemeindegebiet. Das Land bzw. Anlandungen zwischen den Donauarmen nannte man die „Haufen“. Bei uns eben der „Krowoten-, Laus- und Dorfhaufen“. Das Strombett mit Schifffahrtsrinne wurde in den südlichen Hauptarm verlegt, die genannten „Haufen“ bekamen einen Durchstich bzw. wurden abgegraben und begradigt. Der nördliche Hauptarm wurde abgebaut und somit hatten das Schönauer-, Uiberacker- und Kühwörter Wasser sowie die Schwadorfer Rinne und der „Hagn“ nur mehr bei Hochwasser Verbindung mit der Donau. Dort waren aber sehr fischreiche Gründe. Die Folge war, dass sich am linken Ufer einige Berufsfischer ansiedelten. In Orth waren dies Georg Humer und Johann Ahringer und in Mannsdorf war Johann Zeitlberger aus Deutsch-Altenburg zugezogen. Er war der Begründer der Fischerei. In der Zwischenkriegszeit wurde sie von Alois Zeitlberger weitergeführt.
Die Fische waren zu dieser Zeit ein sehr begehrtes Nahrungsmittel, eine willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan und sie wurden auch gut bezahlt. Der Fischermeister Zeitlberger war ein guter Geschäftsmann und hatte auch das untere Gemeindegasthaus gepachtet und es „Zum lustigen Fischer“ benannt. Dadurch konnte er den Absatz und den Direktverkauf steigern. Täglich wurden die Fische frisch aus den Kaltern geholt. Sie mussten rote Kiemen haben und sofort verwendet werden. Zur damaligen Zeit war die Haltbarkeit ein großes Problem, denn am dritten Tag waren sie ungenießbar. Die Qualität der Fische war in den Monaten mit dem Buchstaben „R“ am besten.
Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass damals die Fastengebote streng eingehalten worden sind. Der Freitag war ein fleischloser Tag und auch in der Fastenzeit wäre Fleisch oder Wurst zu essen etwas Sündhaftes gewesen.
So waren die Fischgerichte im Gasthaus eine ideale Fastenspeise. Es kam aber auf die Zubereitung an. Die Wirtin Maria Zeitlberger war eine Meisterin in der Kochkunst, bei ihr hatten die Fische keine Gräten. Ihr Geheimnis war das „Schröpfen“ und „Bazen“. Nach dem Putzen eigneten sich die groben Weißfische am besten. Diese wurden mit einem scharfen Messer alle paar Millimeter bis zu den Rippengräten eingeschnitten und anschließend in eine Beize gelegt. Diese bestand aus einem scharfen Essig, Paprika, Knoblauch und Gewürzen. Die Fischteile wurden in diese „Baz“ eingelegt und die kleineren, feinen Gräten erweichten sich dadurch und störten nicht mehr beim Essen.
Die Fische wurden in drei Gruppen sortiert:
Friedfische: Weißfische, Nasen, Blenzen, Garauschen
Abwäger: Brachsen, Nerflinge, Genlinge, Barben, Schiden, Karpfen, Schleie, Amuren
Raub-/Edelfische: Wels oder Scharl, Schill oder Fogosch, Huchen, Sterlett, Aal
Zu Beginn des Fischens wurde mit hohen Stellnetzen eine Sperre (Gspirr), auch Fischwehr genannt, gemacht, damit die Fische nicht entweichen und in die entgegengesetzte Richtung flüchten konnten. Mehrere Tage wurden so die Fische in das seichtere Wasser getrieben, wo dann das Ausfischen begann. Die gefangenen Fische wurden in Kaltern zwischengelagert und zum Abholen für die Fischhändler bereitgestellt. Zu dieser Zeit gab es bei der Marienbrücke am Donaukanal einen eigenen Fischmarkt, wobei der grobe Weißfisch sehr begehrt war, denn dieser war ein „Koschafisch“ – ein koscherer Fisch.
Im Frühjahr gab es oft das Eisfischen, und zwar nach einem strengen Winter – die Ausstände waren zugefroren, im Strom gab es viel Treibeis. Wenn die großen Eisschollen zusammenstießen, gab es viel Lärm und Getöse und die Fische flüchteten in den Ausstand unter der Eisdecke ins ruhigere und wärmere Wasser. Bei Einsetzen des Tauwetters musste die Arbeit schnell gehen, denn meistens war in einigen Tagen das Hochwasser auch da. Im Auslauf wurde sofort eine „Gspirr“ gemacht, das Eis in großen fußballfeldartigen Platten abgehackt oder geschnitten und über das Netz gezogen. Anschließend wurde die eisfreie Wasserfläche abgefischt und die Fische tiefer in den Ausstand getrieben, denn dort waren „brunnadrige“ Stellen, das Wasser war eisfrei und eignete sich gut für das Abfischen. Nach jedem Fischzug wurden die Netze gereinigt, durchgewaschen und getrocknet. Zu dieser Zeit gab es keine Perlon- oder Nylonnetze sondern nur Hanf, zum Teil handgeknüpft. Bei den Knoten erstickten die Fische sehr leicht.
Nach dem Krieg und dem frühen Ableben von Alois Zeitlberger musste ich die Fischerei weiterführen, schon aus Traditionsgründen. Dies war mir aber nur möglich, weil ich drei verlässliche, gute Helfer („Poidl“ – Leopold Pajan, „Gustl“ – August Babitsch, „Max“ – Mathias Krump) hatte, die mich und die Arbeit bei jedem Wind und Wetter unterstützten. Sie waren selbst begeisterte Daubelfischer (Daubel = quadratisches Hebenetz) und übten diese Art der Fischerei vor allem im Winter im zugefrorenen Wechsel aus. Es wurde ein Loch ins Eis gehackt, so groß, dass die Daubel abgesenkt werden konnte, und dann entweder mit einem Landkranich und Seilzug mittels Körperkraft oder mit einer Handdaubel
(Oaschzahrer) und Körpergewicht schnell angehoben werden konnte. Notwendig war auch ein langer Kescher (Gurl), um die zappelnden Fische aus dem Netz zu holen.
Ab Mitte des 20. Jahrhunderts gingen die Fangergebnisse stetig zurück. Dafür gab es viele Ursachen: Begonnen hatte es damit, dass die Besatzungsmächte am Ölhafen ihre Tanker rücksichtslos reinigten und der Ölfilm den Fischlaich und die Brut beeinträchtigte. Eine Besserung gab es erst nach dem Bau der Wiener Kläranlage. Weiters wurde beim „Eisernen Tor“ ein Großkraftwerk errichtet und der natürliche Zug der Fische flussaufwärts aus dem Donaudelta unterbunden. Der Schiffsverkehr auf der Donau wurde ausgebaut, die Tonnage vergrößert. Der Raddampfer hatte seine Lastkähne gezogen, doch die neuen großen Schubschiffe und Verbände stießen ihre Last bergwärts und erzeugten mit ihren starken Motoren einen hohen Wellengang, welcher den Laich und die einsommerige Brut ans Ufer spülte, wo sie austrockneten und zugrunde gingen. Der Raddampfer hatte das Rad als Antrieb oben, während die Schubschiffe ihre Schrauben unter dem Kiel haben. Besonders bei Niederwasser wurde die Stromsohle aufgerissen und die Strömung nahm den Schotter mit.
Seit 60 Jahren hat sich das Donaubett um 1,50 Meter im Mannsdorfer Bereich eingetieft. Pläne mit einer Schotterbeigabe zur Stromstabilisierung für die Donau werfen viele Fragen auf und könnten ein Millionengrab werden. Ebenso ist das Öffnen der Schutztraversen I und II sowie der Uferrückbau zu verurteilen, denn früher kam bei Hochwasser Wasser in die Au und in die Altarme. Heute ist oberhalb von Wien eine Kraftwerkskette. Bei Hochwasser öffnen diese ihre Schleusen, um die Stauräume zu reinigen. So kommt jetzt viel Schlamm, Sand und Geröll mit und lagert sich als „Lettn“ ab. Folglich versanden und verlanden die Ausstände. Die Gewässer werden seichter und bedrohen den Fischbestand.
Die Fischer begrüßen sich mit „Petri Heil“ zu Ehren ihres Schutzpatrons Petrus. Der alten Tradition folgend wird in der Fischerkapelle im Orther Schloss jeweils am 28. Juni zu Peter und Paul und am 6. Dezember – Hl. Nikolaus – Schutzpatron der Schiffsleute, eine Messe abgehalten, wo die Fischer um den Segen ihrer Arbeit bitten und der Verstorbenen gedenken.
„Petri Dank“
nach Herbert Mayer, Altbürgermeister